Oranienburger Generalanzeiger
27. 6. 2008
Wenn nicht alle Ampeln knacken
Zu wenig Sicherheit für Blinde und Sehbehinderte
Von Simone Heiduck
ORANIENBURG • Ein schlechtes Ampel-Zeugnis wurde
Oranienburg von Mitgliedern des Blinden- und Sehbehinderten-Verbandes
ausgestellt. Nur sechs von den 16 untersuchten Anlagen in der Stadt
waren mit einem akustischen Signalsystem ausgestattet.
Manch einen verwundert es, dass ein ziemlich eindringliches, taktiles
Knackgeräusch an Ampeln auch dann zu hören ist, wenn diese rotes Licht
zeigen. „Es handelt sich dabei aber nicht um einen Ton, der den Blinden
ein gefahrloses Überqueren der Straße signalisieren soll", klärt
Oranienburgs Behindertenbeauftragter Holger Dreher auf. Vielmehr sei
dies der Orientierungsfinder, der den Betroffenen anzeigt, wo sich der
Ampelmast befindet. An diesem könne dann problemlos der kleine
orangefarbene Kasten gefunden werden, von dem das eigentliche Signal
ausgeht. Nur wenige Ampelanlagen in der Stadt sind jedoch mit derartiger
Technik ausgestattet. „Wir haben alle 16 Ampeln in Oranienburg
untersucht, und nur sechs davon waren komplett mit einem
Blindenleitsystem ausgestattet", sagt Dreher.
Besonders die belebte Hauptkreuzung Bernauer-/ Ecke Sachsenhausener
Straße hat sich bei den Untersuchungen als Gefahrenstelle für blinde und
sehbehinderte Menschen erwiesen.
Oft fehlt das Blindenleitsystem
Zu diesem und anderen negativen Ergebnissen kamen Mitglieder des Binden-
und Sehbehinderten-Verbandes, die bei einer Ampelbegehung die
Signalanlagen der Stadt unter die Lupe genommen haben. Gemeinsam mit
Verbandsmitglied Detlef Borowsky stellte Holger Dreher die Ergebnisse
der Studie am
Mittwoch vor. Und mit Jutta Knospe vom Tiefbauamt der Stadt fand er
sogleich eine dankbare Abnehmerin für die Dokumentation seiner
Erkenntnisse. „Nicht immer gehören die Ampelanlagen allerdings der
Stadt, manche sind Eigentum des Kreises und müssen deshalb von anderer
Stelle gewartet werden", entschuldigte die Fachfrau das schlechte
Resultat, dennoch müsse sich daran natürlich bald etwas ändern. Auch die
Kreuzung Berliner Straße/Ecke Walther-Bothe-Straße sei für Menschen mit
Sehschwäche ein gefährliches Pflaster. Hier fehlen, wie auch an vielen
anderen Straßen festgestellt wurde, ebenfalls die knackenden
Orientieungsfinder. „Dabei besteht für uns Sehbehinderte an
Fahrbahnübergängen immer dann eine besonders große Gefahr, wenn wir
keine Chance haben, den Ampelmast zu finden", sagt Detlef Borowsky. Auch
er hofft, dass sich an dieser Situation bald etwas ändert.
Wer sehenden Auges die Hauptkreuzung überqueren möchte, hat Dank der
Ampellichter keine Schwierigkeiten. Für sehbehinderte Menschen sieht das
aber anders aus, denn nicht immer ist solch ein funktionierendes gelbes
Signalleitsystem vorhanden.