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Märkische Allgemeine Zeitung
16.1.2008

Mit Lederbrille und abgeklebten Augen

KEGELN Landesmeisterschaft der Seh- und Körperbehinderten / Uwe Jung und Jana Reinke (Borgadorf) siegen

40 Aktive zog die Landesmeisterschaft der Körper- und Sehbehinderten an. Mit dabei: Gastgeber Forst Borgsdorf.
Von Kristina Heidenreich

ORANIENBURG Den Oberkörper nach vorn gebeugt, als wollten sie sich dehnen. Sie ertasten den Boden und richten sich aus. Die Beine schulterbreit aufgestellt, warten sie auf ihren Zureicher, der ihnen eine Kugel in die Hand gibt. Dann geht sie los, die Landesmeisterschaft im Bohlekegeln der Körper- und Sehbehinderten in der Turm-Erlebniscity Oranienburg. Der Wettkampf war zugleich die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften in Bremen.

Gekegelt wird in drei Wertungsklassen - je nach Sehleistung werden die Sportler bis an die Bahn geführt oder gehen selbst und ertasten sich ihre genaue Standposition. Die verlassen sie nur, wenn nach 25 von 100 Würfen die Bahn gewechselt wird. Beim Kegeln ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Ein bisschen mehr Druck mit der linken oder mit der rechten Hand, und die Kugel geht weg", berichtet Holger Dreher. Der Leiter der Behindertensportabteilung des FSV Forst Borgsdorf war nicht nur als Ausrichter in Oranienburg mit dabei, sondern selbst aktiv.

In der WK 5 mussten die Sportler mit Lederbrillen starten, unter denen die Augen außerdem noch mit einem Pflaster abgeklebt werden. So soll verhindert werden, dass die Sportler betrügen können. „Das haben wir alles schon gehabt", erzählt Martin Hübchen, Kegler und Abteilungsleiter der SG Rot-Weiss Neuenhagen und Landesfachwart.

Mit Enrico Eisholz siegte in der WK 5 ein international erfolgreicher Kegler. Der Neuenhagener verwies mit 508 Holz die Borgsdorfer Thomas Schmidt (418) und Axel Brehmer (416) auf die Plätze. In der Wertungsklasse 6b freute sich der Neuenhagener Roland Bartelt (698) nicht nur über die Goldmedaille, sondern auch über die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften. Somit blieb für Holger Dreher (631) aus Borgsdorf Rang 2. Dafür jubelte Uwe Jung (Borgsdorf) über Gold und die DM-Qualifikation der WK 6a. Einen Dreifacherfolg feierten die Frauen des FSV Jana Reinke (652), Sabine Kemnitzer (632) und Steffi Marten (598) belegten die ersten drei Plätze.

Neben den Sehbehinderten gingen auch die Körperbehinderten der Klassen l bis 4 an den Start. Die Vereine schickten in der Mannschaftswertung zum Teil Startgemeinschaften ins Rennen, es gab aber auch die Einzelwertung. Mit 2416 Holz schlug die SG Rot-Weiss Neuenhagen bei den Sehbehinderten die Gastgeber aus Borgsdorf um 83 Holz. Die Konkurrenz der Körperbehinderten gewann die Startgemeinschaft der Vereine aus Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder).


Bild 1: Petra Schreiber visiert die Kegel an, Marina Schätzel beobachtet, ob alles in geordneten Bahnen läuft.

Bild 1: Petra Schreiber visiert die Kegel an, Marina Schätzel beobachtet, ob alles in geordneten Bahnen läuft. Fotos Roeske (3) Heidenreich (1)

Ohne Zureichen geht so gut wie gar nichts.

INTERVIEW
„Die Kegel sehe ich gar nicht"
Holger Dreher ist Vorsitzender der Bezirksgruppe Oranienburg des Blindenverbandes, seit Anfang des Jahres Behindertenbeauftragter Oranienburgs. Mit dem Leiter der Behindertensportabteilung von Forst Borgsdorf, der sich bei der Landesmeisterschaft der Körper- und Sehbehinderten den 2. Platz erkämpfte, sprach für MAZ Kristina Heidenreich.

Sie haben selbst gekegelt. Sind Sie mit Ihrem Ergebnis zufrieden?
Holger Dreher: gar nicht. Ich schob nur 631 Holz, sonst bin ich immer mit etwa 700 Holz dabei.
Waren Sie bei Ihrem Heimspiel vielleicht etwas nervös? Dreher: Nein. Ich war eigentlich ganz locker. Es war irgendwie der Wurm drin.
Worauf kommt es beim Kegeln an?
Dreher: Man muss ruhig bleiben und sich konzentrieren können. Es ist eine Frage der Technik.
Sie sind hochgradig sehbehindert. Was können Sie noch erkennen?
Dreher: Ich kann mich orientieren, Bilder erkennen. Bei Gesichtern wird es schwierig. Wenn ich auf der Bahn stehe, kann ich die Kegel gar nicht sehen.
Beim Kegeln haben Sie immer Ihren Zureicher dabei. Wie klappt das Zusammenspiel? Dreher: Der Zureicher gibt mir die Kugel und sagt mir wie sie läuft, wie viel Holz es sind. Am Zureicher hat es heute sicher nicht gelegen. Es sind immer Kleinigkeiten, die entscheiden.

Bild 2: Die Mannschaft des FSV Forst Borgsdorf bei der Landesmeisterschaft im Kegeln

Bild 2: Die Mannschaft des FSV Forst Borgsdorf bei der Landesmeisterschaft im Kegeln
Foto: Robert Roeske


 

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